Jürgen Göndör

offener Unterricht: ... hier lerne ich was ich will!

Von der Freiheit, das eigene Lernen im Unterricht selbst zu bestimmen.

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Es gibt sie doch, die andere Möglichkeit, Schule zu gestalten. Statt von LehrerInnen mit den richtigen und erwünschten Inhalten belehrt zu werden, dürfen SchülerInnen lernen, was ihnen selbst wichtig ist, was sie selbst interessiert.

Falko Peschel hat vor 10 Jahren seine Dissertation: "offener Unterricht in der Evaluation" veröffentlicht und gezeigt, dass auch dann, wenn jeder tatsächlich nur das lernt, was ihn interessiert, was ihm wichtig ist und   n i c h t   einem vorgegebenen Lehrplan folgt, die Lernergebnisse überdurchschnittlich sowohl im Schreiben, Rechtschreiben, Lesen und Rechnen (Arithmetik) ausgefallen sind -­ auch für SchülerInnen, die im Regelschulsystem als 'unbeschulbar' galten. Eine handvoll Schulen folgten diesem Konzept.

Viele andere vertrauen nicht wirklich auf das 'Lernenwollen' der Kinder und bleiben bei der Auffassung stehen: 'ohne Belehrung geht es nicht!'

Das vorgelegte Buch "offener Unterricht: ... hier lerne ich was ich will!" versucht daher diesen grundlegenden Wechsel aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten, der von Hartmut von Hentig mit dem Satz: 'Schule neu denken' schon 1993 gefordert worden war. Lernen von Menschen funktioniert nicht nach dem in der Schul-Pädagogik/ Erziehungswissenschaft propagierten Modell des "Lehr-­Lernens".

Kinder leiden unter diesem Diktat. Sie scheitern nicht daran, dass sie einen Stoff nicht lernen können, sondern daran, dass sie ihn nicht auf diese Weise Schule ihn darbietet und verbindlich macht -­ ohne auf die Interessen ihrer Schüler Rücksicht zu nehmen -­ lernen können oder lernen wollen.

Von Célestin Freinet (1896-­1966) stammt die Geschichte, die zu dem Schluss kommt: 'Wenn man in der Schule Fahrradfahren lernen würde und nirgendwo sonst, dann würden nur wenige Menschen Fahrad fahren!'

Hartmut von Hentig berichtet von Schülern, die in der Regelschule weder mit Zuckerbrot noch mit Peitsche Lesen lernten. Erst an einer freien Schule, an der Lesen keine Lernaufgabe mehr war, die absolviert werden musste, lernten sie es dann problemlos auf ihre Weise.

Falko Peschel schreibt über Schüler, die sich an der Regelschule erbittert gegen die dort üblichen Lernvorgaben aus dem Lehrplan gewehrt und in seinem offenen Unterricht erstmal erfahren haben, das es nicht nur die Variante gibt: 'Das musst Du jetzt lernen!' sondern auch die Option: 'Was möchtest Du jetzt lernen?'

Gerald Hüther stellt aus der Sicht der modernen Hirnforschung dem Regelschulsystem ein kathastrophales Urteil aus: "Es war eine falsche Vorstellung, die wir hatten, als wir gedacht haben, man könne Kinder -­ man könne andere Menschen unterrichten, man könne sie bilden, man könne ihnen etwas beibringen."

Das Buch: offener Unterricht: ... hier lerne ich was ich will! geht einem Lernen nach, das dieser anderen Option folgt. Es folgt Comenius nicht in seiner 'Didactica' -­ den Bedingungen des Lehrens -­ sondern in seiner 'Mathetica' -­ den Bedingungen des Lernens. Es breitet einen Unterricht und einen Schulalltag aus, in dem die 'Lebenswelt' der Kinder im Mittelpunkt steht und so der Forderung der Reformpägagogik gerecht wird, diese Lebenswelt in die Schule zu holen.

Demokratie ist konstitutiver Bestandteil dieses Schulalltages und dieses Lernens im Unterricht, in einem Bereich, in dem in der Regelschule jede Mitbestimmung abrupt endet: Denn -­ die Vorgaben des Lehrplans müssen doch eingehalten werden.

Und doch stellt die Freie Schule Bergisch Land fest, dass die Kinder -­ wenn man sie lernen lässt, was sie interessiert, was sie lernen wollen -­ nicht nur alles das lernen, was dieser Lehrplan vorschreibt, sondern sogar noch viel mehr!